U-Verlagerung Kaulquappe
Staatschieferbruch Lehesten 1942-1943
Der riesige Staatschieferbruch Lehesten rückt wegen des Krieges ins Rampenlicht der Wehrmacht und weiteren Organisationen. Aufgrund das im Bruch Untertage abgebaut wurde ist der Staatsschieferbruch ungewollt für eine geheime weitere Nutzung ins Augenlicht gefallen. Zuvor erhielt der Staatschieferbruch bereits den Auftrag, wie viele andere Schiefergruben auch, eine bestimmte Menge an Schiefer als Kriegsaufgabe zu produzieren. Doch der Betrieb konnte diese Menge an Schiefer bei weiten nicht produzieren, das lag zum größten Teil daran das dem Betrieb Arbeitskräfte fehlten. So wurde 1943 nur 2409 Tonnen von 11000 Tonnen der gestellten Kriegsaufgabe produziert. Das Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld informierte das Reichswirtschaftsministerium am 25.02.1944 über die nicht erfüllte Kriegsaufgabe. Das Schreiben erhielt Oberberghauptmann Gabel. Kurze Zeit später erhielt der Staatsschieferbruch Lehesten einen Vermerk vom Baurat Umbach des Reichswirtschaftsministeriums.
Das streng geheime Schreiben vom Reichswirtschaftsministerium:Betr.: Schieferbergbau,
In einer Besprechung mit dem Amt Bau des Reichsminister R. u. K. forderte Dr. Hückstätt eine Mindestmenge von jährlich 60.000 Tonnen fertig zugerichteten Dachschiefer. Die Gesamtkriegsaufgabe für den Deutschen Schieferbergbau einschließlich G.d.Z. Luxemburg ist deshalb auf jährlich 65.000 Tonnen festgesetzt worden. Die Befahrung der Staatsschieferbrüche in Lehesten ist durchgeführt worden. Die Untertageräume des Bruches I (Petersloch) können für eine Verlagerung zur Verfügung gestellt werden. Die Staatsschieferbrüche sind in der Lage, aus dem Tagebau des Bruches Il eine im Rahmen der Kriegsaufgabe geforderte Menge an Dachschiefer zu erzeugen. Der Bruch II (Kießlich) besteht aus einem Tagebau, der für Verlegung von Fertigungen nicht in Frage kommt. In gleicher Weise wird ein Teil der übertägigen Betriebsgebäude auch weiterhin dem Bruch II zur Verfügung bleiben müssen. Für eine Mitteilung über die Verwendung des Bruches I wäre ich ihnen dankbar.
Heil Hitler!
Ihr Baurat Umbach
Aus dem Schreiben ist zu entnehmen das der Staatsschieferbruch Lehesten aufgrund seiner unzureichenden Förderung bzw. Produktion für eine Verlagerung zur Verfügung gestellten werden könne. Das Schreiben war vermutlich der Auslöser für den nächsten Besuch des Bruches. Denn wie duzende andere Bergwerke im thüringischen Schiefergebirge wurde auch der Staatsschieferbruch im Auftrag des Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft besucht. In Sachen „Kelleraktion Optik“ kommt es am 2. Mai 1944 zu einer Befahrung der Schiefergruben Kolditz und dem Staatsbruch Lehesten.
Die Firma welche eventuell in untertägige Grubenbaue vom Staatsschieferbruch einziehen sollte bekam zuvor einen Verlagerungsbefehl für ihre Produktion. Der Verlagerungsbefehl vom 18.04.1944 kam als Fernschreiben:
Zur sofortigen Weitergabe an die Firma Schott, Jena/Thür.
Gemäß Anordnung des Rüstungslieferungsamtes ist befohlen, Ihre Fertigung von optischem Glas mit rund 25.700qm sofort unterirdisch zu verlagern. Vom Reichsminister für RuK Amt Bau ist das Ing. Büro Theodor Vogel, Schweinfurt, Schonungen 1, über Gen.-Komm. Schweinfurt beauftragt, die Vorplanung
durchzuführen. Ich gebe ihnen hiermit auf, sofort mit obigem Ing.-Büro in Verbindung zu treten und mir umgehend zu bestätigen, dass die Planung durchgeführt wird. Über bereits bestehende Pläne ist Ing.-Büro sofort zu unterrichten.Zusatz für Rü-In: Ich bitte dringend, dieses Verlagerungsvorhaben mit allen Mitteln zu unterstützen und diese auch in die Kelleraktion entsprechend einzuschalten.
Reichsminister für RuK
Rüstungslieferungsamt
(gez. Renkel)F.d.R.
Oberregierungsbaurat Lechler
Die „Kelleraktion Jena“ am 2.05.1944
Die Jenaer Glaswerke Schott & Gen. erhalten ein Fernschreiben in dem Sie aufgefordert werden sich um 9:00 Uhr im Marktgörlitz einzufinden. Da dieses Fernschreiben spät ankam haben sich die Herren der Firma um 20 Minuten verspätet. In Marktgölitz wateten bereits 5 weitere Personen auf Sie. Diese Personen waren:
- Dr. Ing. T. Vogel als Beauftragter des Reichsministeriums / RuK (Rüstungs- & Kriegsproduktion)
- Bergrat Loof vom Bergamt Saalfeld
- Herr Grosser als Miteigentümer der Grube Kolditz
- Dir. Rebhan und Dipl. Ing. Hünsch von der Firma Siemens / Nürnberg
Nach einer sehr kurzen Begrüßung fuhren alle zu der Grube Kolditz um diese zu befahren. Es ging um die Verlagerung der zweitwichtigsten Firma im Reich. Die Firma Schott & Gen. War in der zweiten Welle in der Liste auf Platz 32. Wobei man kurz erwähnen muss das diese Liste bei 31 anfängt. Somit ist es klargestellt warum die Firma die zweitwichtigste im Reich war. In der Kelleraktion Jena sollten am 2 Mai 1944 die Schiefergrube Kolditz und der Staatsschieferbruch Lehesten befahren werden. Bei der Befahrung des Schieferbergwerkes Kolditz stellten die beiden Herren der Firma Schott schnell fest das sich dieses Bergwerk nicht für Ihre Firma geeignet ist. So fuhren alle bis auf Herr Gosser zum Staatsschieferbruch. Bei der Befahrung der eventuell geeigneten Grubenabbaue erfuhren die beiden Herren der Glaswerke Schott & Gen. das dieser Schieferbruch bereits einer anderen Firma angeboten wurde. Hierbei handele es sich um die Firma Schwarzkopf.
Doch die Abgesandten von den Glaswerk Schott & Gen. waren von dem Bruch angetan und teilten dies allen Anwesenden Personen mit. Die Untertägigen Abbauhallen vom Bruch II wurden als geeignet befunden und so kurze Zeit später auch gesperrt. Der formelle Bescheid bekam der Staatsbruch am 16. Mai 1944. Der Aufnahmebetrieb also der Staatsbruch Lehesten wurde verpflichtet die Verlagerungsfirma aufzunehmen. Auf wenn dies zur Stilllegung des Bruches führen würde. Der Tarnname für das kriegswichtige Projekt lautete „Kaulquappe“.
Der Verlegungsbescheid:
Betr.: Verlagerung der Fertigung der optischen Rohglas-Erzeugung
Der Firma Schott & Gen., Jena in Staatl. Schieferbrüche Lehesten
Der Verlagerungsfirma wird hiermit Verlegungsbescheid im Sinne des Erlasses vom 26. August 1943 ( Verlegungs-Grundsätze ) erteilt.
Entsprechend der Genehmigung des Rüstungsamtes ist die Verlagerung der obigen Fertigung in die Räume der Staatl. Schieferbrüche Lehesten bei Saalfeld (Deckname Kaulquappe) durchzuführen. Der Aufnahmebetrieb ist verpflichtet, die Verlagerungsfirma aufzunehmen.
Alle Dienststellen des Ministeriums und alle Behörden werden die notwendige Unterstützung bei der Durchführung der Verlagerung gewähren.
Die durch die Verlagerung entstehenden Kosten werden vom RLA übernommen.
Heil Hitler
Im Auftrag
Ronkel
Kurze Zeit später wurde ein Grubenriss und ein Lageplan vom Ingenieur Büro Theodor Vogel erstellt und an Albert Thielmann (Obersteiger aus Lehesten) weitergeleitet. Darauf hin erstelle der Obersteiger einen detaillierten Bericht über die bergmännischen Arbeiten für das Projekt. Der Bericht war bereits am 26. Mai 1944 fertig.
Der Baubeginn der U-Verlagerung Kaulquappe
Nach dem das Ing.- Büro Theodor Vogel und Albert Thielmann die Berichte erstellt hatten wurden bereits erste Bauvorbereitungen im Staatschieferbruch Lehesten getroffen. Der gesamte Bau wurde zuvor in ein Zeitschema von 12 Monaten aufgestellt. Für das geplante Vorhaben standen 7 große untertägige Abbauhallen bereits zur Verfügung. Die Erweiterung der untertägigen Baue 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 im Liegenden sowie Ausräumen des Schuttes in den Bauen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 verlief zügig das Auffahren eines Stollendurchschlages vom Bau 7 in den Tagebau und das Ausschießen (sprengen) des Generatorraumes lag ebenfalls gut im Zeitplan. Nach und nach wurde die weiteren anstehenden Arbeiten vorgenommen, teils nebenher oder kurz hintereinander. Das Aufbrechen einer Kohlenrutsche und das Ausschießen eines Gemengehauses sowie des Lagerraumes und des Raumes für Meisterbüro und Sanitätsraum verzögerten sich um 3 Wochen. Da Schießpulver fehlte. Das Aufbrechen der 2 Kaminen für die Schmelzöfen und das Auffahren eines Stollens zum Schacht I. Nach dem die Auffahrungen abgeschlossen waren fing man an mit den Fußboden Fundamenten und den Ausbau vom Maschinenraum, der Elektroinstallation, Wasserinstallation sowie Klimaanlagenbau. Übertage beschäftigte man sich mit Grubenbahnbau, Krananlagenbau und Ausbau von oberirdischen Räumen sowie der Verkehrsanlagen. Nach dem die Entwässerung und der Kühlturmbau abgeschlossen war plante man die Unterbringung und Installation vom Gasgenerator, Schmelzofen, Temperofen und der Kühlanlagen.
Da das strenggeheime untertägige Werk eine hohe Wärmeentwicklung bei der Produktion besitzen wird hatte man weitere Ingenieurbüros in die Planung der Lüftungsanlage einbezogen. Eines von Ihnen war das Ingenieurbüro Ernst Krapf. Im Buch „Deckname Kaulquappe“ von Henry Hatt sind Abzüge des Entwurfes der Lüfteranlage zu betrachten.
Die Untertage-Verlagerung Kaulquappe wurde von der Jenaer Glaswerke Schott & Gen. Ende 1944 aufgegeben und somit nicht zu Ende errichtet. Installierte Maschinen wurden vom Glaswerk demontiert und abtransportiert. Die Thüringer Hohlbaue auf der 593m Sohle wurden von den sowjetischen Behörden durchsucht und ausgeräumt nach dem Kriege wurden einige Räume kurzzeitig nachgenutzt und dann aufgegeben. Nach dem der Bergbau im Staatsschieferbruch eingestellt wurde soffen die Räume der ehemaligen U-Verlagerung ab.
Literatur und Quellen zur U-Verlagerung „Kaulquappe“
• Privatarchiv von Team Minehunters inkl. ehemaligem Archiv von Team Bunkersachsen
• BArch R 3101/31186
• Barteld, Scheidig, Schein: "Thüringisch-Fränkischer Schieferbergbau, Band 2", Verlag Barteld, Berga/Elster 2017
• Dörfer, Gleichmann: "Geheimnisvolles Thüringen - Militärobjekte des Dritten Reiches", Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis/Meiningen 2011
• Hatt: "Deckname Kaulquappe", Hattenhauer Verlag, 2005
• Hatt: "Ignorierte Geheimobjekte Hitlers", Verlag Heinrich Hattenhauer, Ludwigsstadt 1995
• Wichert: "Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten des zweiten Weltkrieges", Verlag Schulte, Marsberg 1993