Die Grube Locomotive
Ein kleiner Bericht über ein kleines Bergwerkim bergischen Land
Es ist schon erstaunlich, da turnt man seit Kindesalter in den wilden Wäldern rund um das Heimatdorf herum. Denkt, man kennt jeden Quadratmeter und dann entdeckt man doch immer wieder etwas neues. Zugegeben, die Grube Locomotive liegt recht versteckt. Das mag ein Grund dafür sein, dass ihre Entdeckung kein Verdienst der vielen Spaziergänge und Wanderungen war, sondern ein Fund in heimatkundlicher Literatur. In diesem Fall Alfred Nehls Buch „Aller Reichtum lag in der Erde“. Nehls zitiert in jenem Buch das Protokoll einer Feldbesichtigung der Grube Locomotive durch die Bergbehörde.
Pingenzug der Grube Locomotive
Diese Begehung fand anlässlich der der Mutung des Bergwerks durch den Dohrgauler Bürgermeister Adolf Richter am 10. Mai 1854 statt. Zur damaligen Zeit lief die Genehmigung eines Bergwerkes folgendermaßen ab: der zukünftige Betreiber stellte einen Antrag bei der zuständigen Bergbehörde, die Mutung. Bei einer Begehung, der Feldbesichtigung, stellte die Behörde daraufhin sicher, dass das Feld auch abbauwürdig war und erteilte dem Betreiber entsprechend die Genehmigung zum Abbau. Nach dem Protokoll wurden bei der Feldbesichtigung Spuren früheren Bergbaus vorgefunden. Man fand ein Pingenfeld und einen aufgewältigten alten Grubenbau vor. Letzterer ist im Protokoll genau beschrieben: Von einem Stollen ausgehend wurde im Erzgang nach links und rechts eine Strecke aufgefahren. Diese Gangstrecke hatte eine Länge von umgerechnet insgesamt etwa 89 Metern, wovon 75 Meter durch das Erz gingen, die letzten Meter auf beiden Seiten nur durch taubes Gestein. Der Erzgang erreichte in der nördlichen Strecke eine Mächtigkeit von umgerechnet etwa neunzig Zentimetern und enthielt Brauneisenstein von guter Qualität. Nach Süden hin nahm die Mächtigkeit wie auch die Qualität des Ganges ab. Die Firste war noch unversehrt, der Abbau in alter Zeit hatte sich also nur auf die Strecke beschränkt. Aufgrund dessen und der guten Qualität wurde der Gang als abbauwürdig betrachtet und Adolf Richter bekam am 28. Oktober 1855 das Bergeigentum an der Grube Locomotive verliehen. Unklar bleibt, in welchen Zeiten der frühere Abbau stattfand und ob die Grube im 19. Jahrhundert noch einmal in Betrieb ging. Es ist in dieser Zeit keine Seltenheit gewesen, dass viele Gruben gemutet und belehnt wurden, ohne in Betrieb gegangen zu sein.
Was ist heute von der Grube Locomotive zu finden? Zum einen ist es der schon damals beschriebene Pingenzug. Er verläuft parallel auf halber Höhe des Westhangs eines Bergrückens und hat insgesamt eine Länge von etwa neunzig Metern, das entspricht der Ausdehnung des Erzganges. Allerdings sind nur in der südlichen Hälfte deutliche Spuren des Abbaus zu erkennen. In der nördlichen Hälfte finden sich nur kleine Mulden im Waldboden, vermutlich wurde dort erfolglos gesucht. Am Fuß des Hangs, etwa 100m westlich und gute 15 Höhenmeter unterhalb des Pingenfelds findet sich noch die Kerbpinge des heute verbrochenen Stollens. Durch das lockere Material des Verbruchs sickert ein wenig Wasser aus dem Stollen, dass im nachfolgendem Wasserlauf die typischen rost-roten Ablagerungen hinterlässt.
Viel scheint sie nicht zu bieten, diese kleine Grube Locomotive. Doch sind es nicht die kilometerlangen Strecken, riesige unterirdische Hallen oder spektakulären Abbaue, die dieses Bergwerk zu etwas besonderem machen. In diesem Fall ist es die beinahe schon ungewöhnlich gute Überlieferung und Dokumentation einer Kleinzeche. Und das kann wertvoller sein als ein offenes Mundloch.
In diesem Sinne, Glück auf!
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Quelle: Alfred Nehls „Aller Reichtum lag in der Erde“